Arkeden ist aus dem Dornröschenschlaf erwacht
Hatte man jahrzehntelang den Eindruck, in Arkeden stünde die Zeit still, und nur am schleichenden Verfall der Häuser und Straßen erkannten Besucher, dass die Zeit auch dort fortschreitet, so ist Bewegung und Aufbruchstimmung in den letzten beiden Jahren auch in unserem Dorf unübersehbar geworden.
Allen voraus hat Dekan Halmen sowohl in Rumänien als auch in Deutschland jede Gelegenheit genutzt, um auf das besondere Potential des kleinen Dorfes mit seiner überdimensioniert wirkenden Kirchenburg aufmerksam zu machen. Vor allem aber hat er als zuständiger Pfarrer die Gemeindearbeit nie aufgegeben und sich der einzig verbliebenen evangelischen Familie in Arkeden stets angenommen. Seine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der HOG hat zudem Synergieeffekte freigesetzt, die das Engagement auf beiden Seiten beflügelt und die Ergebnisse potenziert haben.
Der von der Evangelischen Kirche A.B. in Zusammenarbeit mit der Leitstelle Kirchenburgen gestellte und inzwischen genehmigte Antrag auf Fördermittel zur Rettung von Kirchenburgen aus dem Strukturfond der Europäischen Union sieht neben anderen 17 Kirchenburgen auch die Arkeder vor. In dem Antrag heißt es: „Die Arkeder Kirchenburg bietet ein besonders plastisches Bild mittelalterlicher Wehrarchitektur. Vollständig erhalten sind die beiden Ringmauern sowie insgesamt sieben Wehrtürme mit Pyramidendächern.“ Die Liste der Schäden ist indes lang. Erforderlich sind Dachdeckerarbeiten, Trockenlegung des gesamten Mauerwerks bis hin zur Sanierung des Holzfußbodens, der Außentüren und Tore. Vorgesehen wurden die Sanierungsarbeiten für den Zeitraum 2010-2012, doch wurden sie bislang noch nicht aufgenommen. Neben den restauratorischen „Pflichtmaßnahmen“ wurden auch Maßnahmen für eine touristische Nutzung geplant, wie z.B. Hinweisschilder und Wegweiser zur Kirchenburg, Außenbeleuchtung, Toiletten, Zugänglichkeit zum Turm und einige weitere.
Ein zur Kirchenburg gehöriges zweigeschossiges Gebäude, früher u.a. als Tanzsaal genutzt, wurde unter Dekan Halmens Ägide vertraglich der Maria-Nobrega-Stiftung aus Großbritannien zur Nutzung übertragen, welche das Haus letztes Jahr originalgetreu restauriert hat. Seither trägt es den Namen eines berühmten Arkeder Pfarrers um 1700, Martin Kelp von Sternberg. Genutzt sollen die wiederhergestellten Räumlichkeiten u.a. für kulturelle Treffen und Ereignisse sowie Seminare zum Wiedererlernen alter Handwerkstechniken. Nun plant die Stiftung ein wissenschaftliches Projekt zur Restaurierung großer Teile des Dorfes in Zusammenarbeit mit dem „Centrul National pentru Conservarea si Promovarea Culturii Traditionale“ aus Bukarest sowie IPOGEA, einem Institut aus Florenz, Italien, das sich der Förderung und Bewahrung traditionellen Wissens verschrieben hat, speziell auch der Erhaltung des europäischen und des Weltkulturerbes.
Auf Dekan Halmens Initiative hin pilgerte eine Orgelklasse des Klausenburger Konservatoriums auf ihrer Tour durch Siebenbürgen auch nach Arkeden, um an der Orgel ihres berühmten Erbauers Samuel Maetz ihre Stücke aufzuführen sowie die Bauweise zu ergründen. Die Begeisterung bei den Studenten feuerte er mit dem Angebot an, jeden Sommer intensivere Übungszeiten mit einem ausgedehnten Aufenthalt im Dorf zu verbinden. Nach Abschluss der Renovierungsarbeiten am Pfarrhaus, bei denen wir auch auf die Unterstützung durch das Konsistorium aus Hermannstadt hoffen, stehen Touristen und Gästen weitere Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Tourismus
Nachdem die Arkeder Wehranlage die Titelblätter mehrerer Reiseführer und den Umschlag eines Bildbandes des Böhlau-Verlages über Kirchenburgen in Siebenbürgen schmückt, haben Touristen und Künstler das abgelegene Dorf für sich entdeckt. Was dem Dorf früher zum Nachteil gereichte, macht heute seinen Charme aus: Abgeschiedenheit, Ruhe und Stille durch fehlenden Verkehrs- oder Industrielärm, ausgedehnte Felder und Wälder, die sich für Wanderungen und Trekking-Touren gut eignen. Die Leipziger Malerin und Grafikerin Katja Enders hat während eines Stipendienaufenhaltes in Siebenbürgen auch Arkeden besucht. Ihre Grafik-Mappe „Reise nach Transsylvanien 2007/08“ enthält mehrere stimmungsvolle Arkeder Motive, die sich neben Arbeiten zur Kirchenburg auch in den Bildern „Garten“ (eine Dastellung des Pfarrgartens) „Ziduri I, II, III, und „Im Turm“ wiederfinden.
Ein junges Paar aus Deutschland, Felix und Fanny, haben im August 2009 unter dem Motto: „Glauben stärken, Gemeinschaft leben und Verantwortung lernen“ zusammen mit 15 weiteren Jugendlichen zwei Wochen lang zwischen den Mauern der Kirchenburg gezeltet, gekocht, am Lagerfeuer gesungen und gebetet. Die Eindrücke und Erfahrungen waren so stark, dass die beiden für diesen Sommer eine große Jugendfreizeit für 80 Personen aus Sachsen organisiert haben, ebenso werden Teilnehmer der vom Christlichen Verein Junger Menschen (CVJM) Nürnberg organisierten Rumänien-Trekking-Tour in Arkeden einkehren. Ihre Erlebnisse und Pläne teilen sie Interessierten über einen Blog im Internet mit.
Übernachtungsmöglichkeiten bietet das 2007/08 renovierte und als Gästehaus eingerichtete Haus Nr. 18 gegenüber der Kirche, das auf Wunsch auch Vollverpflegung anbietet. Ihren Aufenthalt beschreiben die Reisenden überwiegend positiv und geben ihn als „Geheimtipp“ im Internet weiter.
Dorffest
Doch auch die heutigen Dorfbewohner, je zur Hälfte Rumänen und Roma, gestalten das Dorfleben aktiv.
Im August 2010 fand das 2. Dorffest der Gemeinde Teufelsdorf (Vinatori) statt – diesmal war Arkeden Veranstaltungsort. Unter der Federführung des Bürgermeisteramtes wurden lange vorher umfangreiche Vorbereitungen eingeleitet, in welche u.a. die Instandsetzung vieler Häuserfronten (wenngleich die grellen Farben auf die ehemaligen Besitzer befremdend gewirkt haben müssen) und die Einfriedung des früheren Parkgeländes vor der Kirche eingeschlossen wurden. Das ganze Dorf hatte sich an den beiden Tagen des ersten Augustwochenendes 2010 in einen Freizeitpark verwandelt; unzählige Autos säumten die unbefestigte Straße, Ess- und Krambuden boten ihre Waren feil, eine Trachtenstube wurde eingerichtet, die über die Landesgrenzen hinaus auftretende Fanfarenkapelle „Fanfara Armonia“ aus Tirnaveni spielte traditionelle und rockige Bläsermusik.
Eine Einladung des Bürgermeisters Tosa zur Teilnahme an dem geplanten Fest ging auch an die HOG Arkeden. 43 Arkeder waren ihr allein oder in Begleitung ihrer Familien gefolgt. In seiner Ansprache hieß der neue Bürgermeister die ehemaligen sächsischen Dorfbewohner willkommen, würdigte ihren Einsatz für die Dorfentwicklung, die Wahrung der kulturellen Güter und Traditionen und die Förderung der Dorfgemeinschaft zum Wohle aller dort lebenden Nationalitäten. Er appellierte an die Heimatgefühle und Kindheitserinnerungen der Besucher, als er sie zum Zurückkehren einlud. Dekan Halmen hielt neben Gottesdiensten auch eine Ansprache an die Bürger der Gemeinde.
Renovierung des Pfarrhausdaches
Engagierte HOG-Mitglieder und zahlreiche Spender haben ermöglicht, dass im Sommer 2010 das Dach des Pfarrhauses in Arkeden umfassend renoviert werden konnte. Vor Ort unterstützten besonders Anna und Erwin Schuster, Michael Thellmann (beide Ingolstadt) sowie Anneliese und Georg Binder (Stuttgart) die Arbeiten. Dabei gehörte das Einholen mehrerer Kostenvoranschläge, die Materialbeschaffung und die Organisation eines Bautrupps ebenso dazu, wie das Überwachen der Arbeiten, die eigene Mitarbeit bis hin zum gemeinsamen Feierabendbier in dem zweiwöchigen Arbeitsurlaub. Für das tägliche warme Mittagessen ernteten die tüchtigen Köchinnen nicht nur ehrliches Lob, sondern sie konnten die Motivation der eingesetzten Arbeitskräfte damit deutlich steigern. Beeindruckend für die Gäste aus Deutschland war der Fleiß und die Geschicklichkeit der beiden Töchter von Inge Kuttesch, der einzigen Sächsin im Dorf, die zusammen mit ihrer Mutter keinen Tag in der Küche fehlten.
Nicht zuletzt haben die Musikeinlagen von Günter Müller zur guten Stimmung und dem „frohem Schaffen“ beigetragen. So wundert es nicht, dass morgens mehr ortsansässige Arbeiter als vorgesehen um Mitarbeit baten. Die heutigen Dorfbewohner empfanden es als ein Fest der Erinnerung an Zeiten, in denen die Sachsen in Gemeinschaftsarbeit ihre kulturellen Güter, die Kirche, Straßen und Flüsse regelmäßig in Stand setzten.
Die Durchführung dieses Projektes wurde von den Beteiligten durchgängig auch als persönliche Bereicherung empfunden, da die Freude während der Arbeit und über das Ergebnis größer war als die Mühe, von morgens früh um sieben bis spät in den Nachmittag oder Abend hinein ihre körperliche und geistige Kraft einzusetzen. Die Anteilnahme am Fortschritt der Arbeiten derer, die aufgrund ihres Alters oder ihrer körperlichen Verfassung nicht aktiv mitarbeiten konnten, hat die aktiv Beteiligten ebenfalls gefreut. Ein Kasten Bier als Spende vor Ort kann im heißen Monat August kleine Wunder bewirken.